QiGong mit Senioren oder Bewegung als Teil der LebenspflegeAuf festem Fuss jpg

Lt. Statistischen Bundesamt liegt der Anteil der über 65-jährigen 2019 in Deutschland bei 22% . Dadurch verschieben sich die medizinischen Aufgaben in Qualität und Quantität.

Zitat aus Basler „Schmerz im Alter“ Band 1 - Grundlagen schmerztherapeutischer Versorgung älterer Menschen, Lukon, Puchheim 1999:

„Häufig sind es Erkrankungen des Bewegungsapparates, die den Patienten an die Wohnung fesseln, zum Verlust der Mobilität und zur Vereinsamung führen. Zusammen mit dem Nachlassen sensorischer und kognitiver Leistungen und weiterer Erkrankungen entsteht ein Merkmalskomplex aus Immobilität, intellektuellem Abbau, Instabilität und Inkontinenz. Diese 4 geriatrischen „I“ unterhalten einen fatalen Automatismus sich gegenseitig verstärkender Einschränkungen und stellen die größte Bedrohung für einen erfüllten Lebensabend dar.“

Es scheint typisch für ältere Menschen zu sein, nicht nur an einer einzelnen Krankheit zu leiden. Im Zusammenspiel von kleineren Wehwechen, Polymedikation und drohenden psychosozialen Entbehrungen, ist der Nährboden für akute Erkrankungen gegeben. Spätestens am Punkt der Pflegebedürftigkeit ist von einer Heilung nicht mehr auszugehen. Die Gewährleistung der Funktion steht nun im Mittelpunkt aller Bemühungen, denn funktionelle Einschränkungen älterer Menschen sind in erstaunlichem Maße veränderbar. Mit QiGong steht uns ein therapeutischer Ansatz zur Verfügung, der diese Einschränkungen lindert oder behebt. QiGong stellt als Selbsttherapie den aktiven Teil der Chinesischen Heilkunst dar. Wer diese sanfte Art der Bewegung selbst praktiziert, spürt,wie Wärme in seinem Körper entsteht, wie sich ein Gefühl von Lebendigkeit in ihm ausbreitet, aber auch von Ruhe und Entspannung, von Unternehmungslust und Freude.

Instabilität – Stabilität

QiGong Übungen eignen sich hervorragend, um die Stabilität des Körpers zu stärken. Durch langsame Bewegungen werden die verschiedenen Körperpositionen besser wahrgenommen. Untere Festigkeit zu entwickeln, ist Bestandteil jeder QiGong Übung. Im unteren Körperbereich entspringt nach chinesischer Vorstellung die Kraft, die sich nach oben entfaltet. Der untere Körperbereich sollte sich also fest verwurzelt und kraftvoll anfühlen, der obere locker, leicht und leer. Das Ziel ist die Vorstellung des festen Stehens auf der Erde, einem fest verwurzelten Baum gleich. Die mit den Übungen verbundene Wahrnehmungsschulung in Becken, Beinen und Füßen, fördert die Stabilität und führt dadurch indirekt zu einer Sturzprävention.

Immobilität – Mobilität

Mangelnde Anreize sich zu bewegen, Übergewicht, Ungeschultheit in Körperbewegungen über Jahrzehnte, sowie chronische Schmerzen im Bewegungsapparat führen u.a. zur Zunahme der Immobilität. Nur die versorgungsgerechten, stereotypen Bewegungsabläufe werden ausgeführt. Das Nachlassen motorischer und geistiger Fähigkeiten wird häufig pauschal als Folge des Alterungsprozesses dargestellt. Die natürlichen Altersveränderungen, wie geringere Gelenkbeweglichkeit, Muskelatrophie oder eine abnehmende Elastizität des aktiven und passiven Bewegungsapparates sind zwar Bestandteile eines unvermeidlichen Vorgangs, lassen sich jedoch durch entsprechende sportliche Betätigung verzögern. Durch geeignete QiGong Übungen kann die Beweglichkeit ausgebaut werden. Koordination und Kraft, besonders in den unteren Extremitäten, werden durch QiGong entfaltet und gestärkt. Eine Studie aus 1997 besagt, daß 60 – 80 % der 60 – 89-jährigen an chronischen Schmerzen leiden. Schmerz hat einen wesentlichen Einfluß auf die Lebensqualität älterer Menschen und steht in kausalem Zusammnhang mit der Aktivität und der Lebensfreude. QiGong fügt sich nahtlos in das vielschichtige Konzept der Schmerztherapie ein und leistet einen bewährten Beitrag zur nichtmedikamentösen Schmerztherapie.

Intellektueller Abbau – Geistige Wachheit

Klagen über Konzentrationsmangel und Vergesslichkeit setzen relativ früh ein. Geistige Fitness ist keine Frage des Alters, sondern eher abhängig vom Training. Es ist bekannt, daß zwischen geistigen, körperlichen und seelischen Funktionen eine Wechselwirkung besteht. Körperliche Aktivität fördert die Wachheit des Geistes. Umgekehrt verbessert Hirntraining nicht nur die Durchblutungs- und Stoffwechselsituation des Gehirns, sondern aktiviert und vitalisiert den gesamten Organismus. Bewegungselemente, Entspannung, Konzentration, Wahrnehmung, Merkfähigkeit, Fantasie und Kreativität werden im ganzheitlichen Gedächtnistraining ebenso angesprochen, wie bei QiGong Übungen. Schon kleinere Übungsabfolgen können für einen älteren Menschen eine positive Herausforderung darstellen. Bilder aus der Natur, Assoziationen zu bekannten Tätigkeiten, aber auch das Einführen fremdartiger Begriffe und Gedanken fördern die Konzentration und die geistige Wachheit. 

Inkontinenz – Kontinenz

In allen QiGong Übungen sind die 3 schließenden Kräfte ein wesentlicher Bestandteil der Übungen:

  1. 1. Die nach innen schließende Kraft der Knie
  2. 2. Das innere Schließen im Beckenbereich
  3. 3. Das Zurücknehmen der Brust durch die umwickelnde Kraft der Schultern

Beim inneren Schließen im Beckenbereich stellt man sich vor, daß sich die Beckenschaufeln und Hüftgelenke vom Rücken ausgehend nach vorn etwas zum Rund schließen. Die unteren Körperöffnungenwerden leicht geschlossen mit der Vorstellung, das Becken sei ein Gefäß, aus dem nichts verloren gehen dürfe. Die sich ständig wiederholende isometrische Anspannung der Beckenbodenmuskulatur kann sich bei länger dauernder Übungspraxis zu einer erfolgreichen Inkontinenz-Prophylaxe entwickeln.

Atmung

„Natürlichkeit“ ist beim Umgang mit der Atmung ein wesentlicher Aspekt. Natürlich atmen wird als Fein, Sanft, Gleichmäßig, Tief und Lang beschrieben. Die Atemluft wird in der Nase erwärmt. Die Kapazität der Lungen wird ausgenutzt und die Zwerchfellbewegungen vergrößern sich, wodurch die Bauchorgane auf sanfte Weise massiert werden. Lungenareale, die für den Gasaustausch zuständig sind, werden wieder beteiligt – die Gefahr einer Lungenentzündung nimmt ab.

Auf festem Fuß ins hohe Alter

Da sich QiGong Übungen modifizieren und anpassen lassen, kann fast in jedem Gesundheitszustand geübt werden. Zu Beginn der Übungspraxis sind für ältere Menschen oft Übungen geeignet, bei denen man auf einem Stuhl sitzt. Kommen später Übungen im Stehen dazu, erhöht sich die Zuversicht, Lebensprozesse aktiv verändern zu können. Diese neue, veränderte Sichtweise auf das Leben im hohen Alter ist von enormer Bedeutung für den demographischen Wandel in Deutschland.


Der vorliegende Präventionskurs kann als 10-Termine-Veranstaltung/Kurs durchgeführt werden. Im Rahmen einer Weiterbildung ist "Auf festem Fuss ins hohe Alter" auch für Unternehmen der Geriatrie und Pflege geeignet.